Maulbronn 2

Brunnen im Zisterzienserkloster Maulbronn

 

Liebe Gemeinde,

vor einigen Jahren habe wir die Ruinen des ehemals berühmten Klosters Hirsau im Nord-schwarzwald besucht. Im 11. Jahrhundert war es einmal das größte Kloster Deutschlands. Hirsau ist noch immer eindrucksvoll. Es war ein besonderer Ort. Von hier aus begann eine große Erneuerungsbewegung für die Mönche des Mittelalters mit einer großen Wirkung auf die Klöster, die Gesellschaft und das Land.

Beim Blick auf die Ruine ging mir aber auch durch den Sinn, wie doch auch eine so große Bedeutung schwindet, und dieses mächtige Kloster ist heute nur noch ein Erinnerungsort. Ich habe mir dort ein kleines Heft gekauft. Es enthielt Worte eines der berühmtesten Theologen jener Zeit, Bernhard von Clairvaux. Auch er war ein Mönch, er war ganz jung ins Kloster gegangen.

Als Mönch wurde er Berater der Päpste, Diplomat und Gelehrter, ein Inspirator der Einfachheit für die Kirchen der Zisterzienser, zu denen er gehörte. Eine davon ist Haina, ganz in unserer Nähe. Bernhards Worte kamen mir über die Zeit doch ganz anders nahe als die Ruinen Hirsaus:

Wenn du vernünftig bist,

erweise dich als Schale

und nicht als Kanal.

Der fast gleichzeitig empfängt und gibt,

während jene wartet, bis sie erfüllt ist.

Auf diese Weise gibt sie das,

was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter.

Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen.

Und habe nicht den Wunsch, freigiebiger zu sein als Gott.

Die Schale ahmt die Quelle nach.

Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist,

strömt sie zum Fluss, wird zur See.

Die Schale schämt sich nicht,

nicht überströmender zu sein, als die Quelle.

Ich möchte nicht reich werden,

wenn Du dabei leer wirst.

Wenn du nämlich mit dir selbst schlecht umgehst,

wem bist du dann gut?

Bernhard von Clairvaux 1090-1153

Vernünftig zu sein – für Bernhard ist das die einfache christliche Weisheit, mit der ich um meine Grenzen und meinen Ursprung weiß. Gott ist die Quelle meines Lebens. Mit vielem füllt er mich, mit manchem erfüllt er mich. Wie ein Schale kann ich sein, sodass all das darin auch zur Ruhe kommt und sich setzt. Nicht wie ein Kanal, durch den es nur hindurch-läuft und weg ist. Erfüllt und gefüllt mit Erfahrung. Erlebnissen, Nachdenken und Kraft, kann ich weitergeben, was sich bei mir gesetzt und geklärt hat, ohne dabei selbst leer zu werden.

So kann ich Gott lieben und meinen Nächsten wie mich selbst.

Was für ein schönes Bild! Vielleicht möchten Sie es auch für sich bewahren. So grüße ich Sie heute herzlich mit den Worten Bernhards von Clairvaux und dem Brunnenbild aus der Zisterzienserabtei Maulbronn.

Auch im Namen von Gudrun Schlottmann und Hardy Rheineck wünsche ich Ihnen einen gesegneten und erfüllten Sonntag

Ihre Jutta Richter-Schröder

 

 
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