AltlastenLiebe Gemeinde,

Altlasten –

in Kassel beschäftigen sie uns jetzt. Unsichtbar im Boden, aber giftig, gehen Blei und andere gefähr-liche Stoffe in Pflanzen, Wasser, Erde und Nahrung über. Wo Altlasten sind, ist das Leben gefährdet. Tote Flächen müssen saniert werden. Die Kleingärtner am Fackelteich müssen ihre Gärten aufgeben und bekommen glücklicherweise Ersatzflächen.
Altlasten, die das Leben schwer machen oder blockieren –, davon reden wir auch, wenn einzelne Menschen oder ganze Familien über Jahre Belastendes mitschleppen. Ereignisse, Worte, Taten, die das Leben bedrücken und zerstören.

Von einem, der das in schrecklicher Weise erlebte, erzählt die Josefsgeschichte in der Bibel. Josef, der später Minister des Pharaos wurde, erlebte, wie seine Brüder ihn in einen trockenen Brunnen warfen und dann später an einen durchreisenden Sklavenhändler nach Ägypten verkauften. Der Grund war Eifersucht: „Der Vater zieht Josef vor,er hat ihn lieber“. Die spätere Lebensgeschichte führt Josef nach dieser ersten Todesangst durch alle Höhen und Tiefen, die man sich vorstellen kann.

Altlasten gibt’s nicht nur im Roman und nicht nur in der Bibel:
„Mit dem Bruder rede ich kein Wort mehr, der hat mich immer übervorteilt.“
„Als Kind haben mich die Eltern in den Keller gesperrt.“
„Tagelang spricht meine Frau kein Wort mit mir.“
„Der Sportlehrer hat mich ein- ins Wasser gestoßen, so sollte ich schwimmen lernen.“

Und nicht zuletzt Missbrauchsgeschichten, die nach Jahrzehnten aufgearbeitet werden, bewegen unsere Gesellschaft.
Große und kleine Verletzung. Es reichert sich an im Laufe des Lebens, wie die Altlasten im Boden. Vergiftet die Atmosphäre in einem Haus, in der Gesellschaft.

Viele Jahre später, in einer Hungersnot, kommen die Brüder als Bittsteller zu Josef. Was ist jetzt mit den Altlasten? Wird Josef Rache nehmen? Wie du mir, so ich dir! Das fürchten sie. Josef aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gott statt?

Kann man Altlasten loswerden? Mit Blei und Schwermetall belastete Böden werden für viel Geld abgetra-gen. Dann kann wieder etwas wachsen. Aber bei uns Menschen? Da kann ich nichts einfach abschneiden und wegwerfen.
Wie von Altlasten frei werden?
Gegen Altlasten im Boden helfen Wissenschaft und Technik. Gegen Altlasten bei uns Menschen helfen Weisheit und Recht. Weisheit, das ist die Lehre von gelingenden Leben, davon handelt die Josefgeschichte.

Josef hat in seinem Leben gelernt, sich selbst und Gott etwas zuzutrauen. Eure Altlasten, Brüder, das ist nicht meine Sache, davon bin ich frei, sagt Joseph, Was euch belastet, das macht nun ihr selbst mit Gott aus. Gott schaut in die Herzen und sieht die Wege der Menschen. Er vergibt und leitet zum Guten: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu ma-chen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk.“ Euch und mich und die Ägypter hat er gerettet. Josef leugnet nicht, was geschehen ist. Doch er lässt sich und die Zukunft nicht mehr davon bestimmen, weil er Gott zutraut, was er selbst nicht kann.

Gott sorgt auch für einen Täter-Opfer-Ausgleich. Auch das erkennt Josef. Er ist nicht Opfer geblieben, sondern zu Ansehen und Wohlstand gekommen. Auch das ge-hört dazu, um sich wieder auf Augenhöhe zu begegnen. Die Brüder kehren nicht als Gebrandmarkte in ihre Heimat zurück. Sie werden eingeladen, mit ihrem Volk bei Josef in Ägypten zu leben. Der gemeinsame Boden, auf dem sie leben, ist nicht mehr verseucht.

Was brauchen Menschen, um ihre Altlasten los zu werden?

Josef hat das Gute, das ihm zuteilwurde, als Geschenk Gottes verstanden. Und er Gott hat zugetraut, auch mit dem Unrecht, das ihm durch seine Brüder widerfahren ist, umzugehen. Denn auch bei den Brüdern geschah ein Wandel. Aber davon mögen Sie vielleicht selbst lesen.
Im 1. Buch Mose ab Kapitel 37 oder im großen Josefsroman von Thomas Mann

Ein gutes Wochenende wünschen Ihnen Ihre PfarrerInnen

Gudrun Schlottmann, Hardy Rheineck und

Jutta Richter-Schröder

 
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