Gruß zum Sonntag Rogate am 9. Mai 2021
Gedanken zum Predigttext: Daniel 9,4-5.16-19

9.Mai2021Sonntagsruß

 

Liebe Gemeindeglieder!

Jetzt hilft nur noch beten.“ Ich war 15 Jahre alt und mit einer Jugendgruppe auf einem Zeltlager im Schwarzwald. Es war ein heißer Sommer, wunderbare Landschaft. Die Böden waren trocken, den ganzen Tag waren wir auf der Wiese des Zeltplatzes und im Wald unterwegs: Pfadfinderromantik. Dann braute sich ein schweres Unwetter zusammen. Vom Helferteam ging Beunruhigung aus, die Wetterprognosen waren wohl ebenso düster, wie der sich langsam zuziehende Himmel. Donnergrollen rückte näher. Blitze waren am Horizont zu sehen. Nichts gegen ein Sommerunwetter bei Trockenheit – aber unsere Zelte hätte es wohl ziemlich mitgenommen. Das erzählte unser Lagerleiter beim abendlichen Lagefeuer, als der Sturm merklich anzog. Als Pfadfinder waren wir natürlich vorbereitet – aber Manschetten hatten wir alle. „Jetzt hilft nur noch beten“, sagte er schließlich und schickte uns in un-sere Zeltgruppen zum Gebet. In der Tat, es wurde ein heftiges Unwetter in jener Nacht, aber unseren Zeltplatz hatte es fast komplett verschont. Ich erinnere mich bis heute, wie wir vor den Zelten saßen und beteten, Nachtwache hielten, um uns das Unwetter, aber über uns der Himmel, fast frei. Als wäre es links und rechts an uns vorbeigezogen. Für uns war das damals ein Wunder und bis heute verstehe ich nicht genug von Wetterkunde, um das zu erklären. Aber darauf kommt es auch gar nicht an. Für uns war klar: Gott hat uns bewahrt.

„Jetzt hilft nur noch beten“. Wie oft mag das die eine oder der andere in diesem verrückten Corona-Jahr gedacht haben. Düstere Prognosen brauten sich zusammen, wechselten sich mit Zuversicht ab. Einschränkungen, die an die Substanz, an die Seele gehen, Hoffen auf Lockerung und Normalisierung. Noch sind wir mittendrin in diesem Unwetter und wissen kaum, wann oder wie wir da herauskommen. Wir, unsere Nachbarn, unsere Lieben, unsere Gemeinde.

„Jetzt hilft nur noch beten“, das dachte auch der Prophet Daniel in einer bestimmte politischen und geistig-geistlichen Großwetterlage in alter Zeit (an dieser Stelle können Sie den Predigttext lesen): „Wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.“ Gerade in diesen Zeiten müssen wir Menschen wohl lernen, wie begrenzt unsere Maßstäbe, unsere Gerechtigkeit, unsere Logik sind. Wir rücken der Natur immer mehr auf die Pelle, wir fordern ihr immer mehr ab, wir pressen immer mehr für uns heraus aus dieser Welt und belasten sie mit unseren Kriegen, unserem Müll, unserer Ungerechtigkeit, unserer Habsucht und Bequemlichkeit. Ist es da ein Wun-der, wenn sie krankt, die Welt? Und wir kranken in ihr? Denn wir sind ja doch nur Mitgeschöpfe, neben Millionen anderen, die sich für einen kleinen Augenblick in der lan-gen, weiten Geschichte des Universums meinen zu Schöpfern und Göttern aufschwingen zu müssen.

Vielleicht wäre ein wenig mehr Demut angesagt. Sich freiwillig beugen, so lange noch Zeit ist. Sich unterordnen unter eine höhere Gerechtigkeit und auf höhere Barmherzigkeit zu hoffen.

Ich gebe zu, das ist nicht leicht. Es trifft ja nicht nur die Großen und Mächtigen, die Nationen und ganze Land-schaften korrumpieren können. Es trifft auch meinen Lebensstil, meine Ansprüche, meine Bequemlichkeit. Was nehme und gebe ich? Vielleicht kann ich von Daniel lernen und meinem damaligen Zeltlagerleiter: „Jetzt hilft nur noch beten!“ Mich, die Meinen, uns alle Gott anzuvertrauen und auf seine Barmherzigkeit hoffen. Gottes Barmherzigkeit vermag Ungemach zum Guten wenden. Amen.
Pfr. Torsten Krey

 
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