Sonntagsgruß 18. April 2021
So spricht Gott der HERR: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden? Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott der HERR. Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.
Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott der HERR. Hesekiel Kapitel 34 in Auszügen

fittosize 85 960 0 71cf43ec5e25c9e21c3ecdd97a7fbbc0 cranach hirte lamm

Lucas Cranach d.J. Der gute Hirte, 1540

Liebe Gemeinde,
das Prophetenwort, welches für den heutigen Sonntag vorgesehen ist, ist für das Volk Israel bestimmt. Es wäre vermessen, wenn wir uns die darin enthaltenen Verheißungen einfach so zu eigen machten. Und dennoch bringen diese Worte in uns etwas zum Klingen. Sie zeugen von der großen Kraft, die jedem Gotteswort innewohnt und größer ist, als dass sie nur für ein Ereignis in der Geschichte gelten würde. Wahrscheinlich hat das etwas mit dem Bild zu tun, welches der Prophet verwendet. Erstaunlich, wie sich das Bild des guten Hirten als Leitbild für Gott bis ins unsere Zeit gehalten hat. Wir leben heute in Städten und auch die Landwirtschaft ist industrialisiert. Und doch ist gerade dieses Bild von Gott und seiner Fürsorge für uns Menschen geblieben. Dass Gott selbst das Hirtenamt übernimmt heißt dass es den Menschen gut geht, weil sie behütet leben können, besonders die Schwachen. Das hat bisher jedoch keine menschliche Herrschaftsform vermocht. Insofern steht die Erfüllung dieser Verheißung nicht nur beim Volk Israel noch aus. Sie hält aber immer noch die Sehnsucht danach wach.


Insbesondere im letzten Jahr ist sie wieder stärker geworden, als alle Menschen von einer weltweiten Seuche bedroht wurden. Das Virus ist in vielen Fällen tödlich. Man vermag die Dimension kaum zu fassen. Denn es sind ja so viele, je individuelle menschliche Geschichten, die sich hinter dem abstrakten Wort Covid oder Corona oder Pandemie verbergen. Es sind 3 Millionen Tote weltweit, 80.000 davon in Deutschland, 6.600 in Hessen und 160 Menschen in Kassel. Neben den Gestorbenen gibt es Menschen, die an den Langzeitfolgen schwer tragen. Da sind auch die Angehörigen, die sich um Kranke und Sterbende nicht so kümmern konnten, wie sie das gerne getan hätten und sich oft Vorwürfe machen. Insgesamt sind fast 140 Millionen Menschen offiziell bestätigt erkrankt. Hinzu kommen die vielen, bei denen die Seuche ohne oder mit wenigen Symptomen verlaufen ist. Manche haben so, ohne es zu wissen, andere gefährdet. Es gibt kein Land auf Erden, welches nicht betroffen ist, wenngleich es große Unterschiede gibt. Durch die Maßnahmen zum Schutz vor Infektion sind Junge und Alte, Arme und Reiche, Frauen und Männer betroffen.
Viele sind in ihrer Existenz bedroht, am härtesten trifft es leider die ganz Jungen, die ganz Alten, die Armen: diejenigen, die auch sonst in unserer und anderen Gesellschaften am Rand stehen. Denen hingegen, die am lautesten lärmen oder demonstrativ die Schutzmaßnahmen brechen, geht es oft erstaunlich gut. Und dann gibt es- wie in jeder Krise- die Kriegsgewinnler, die mit dem Leid der anderen auf einmal riesige Gewinne machen, weil man ihnen ausgeliefert ist.
Die prophetischen Worte sind zwar nicht für unsere Zeit gesagt, aber sie können auch in unserer Zeit wirken. Ich lese sie als die feste Zusage, dass Gott auch in der Zeit der Not und Orientierungslosigkeit bei den Menschen ist, derer er sich angenommen hat. Ich lese diese Worte vor allem aus österlicher Perspektive. Gottes Hirtenamt nimmt er durch Menschen wahr wie Jesus. Er ist ein wahrer Mensch, der Kranke heilte, so gut er konnte, mit Hungrigen speiste, bei Einsamen einkehrte und neue Formen der Gemeinschaft stiftete. Genau das können wir auch. Genau dazu braucht uns Gott auch. Genau hier fängt sein Reich an.
Mit herzlichen Grüßen Hardy Rheineck

 
Kooperation Service Impressum © medio.de