Lätare Fußwaschung

 

 

Liebe Sonntagsgrußleser,

kostbar hat der Maler das Ereignis gemalt, von dem die Evangelien berichten. Auf dem Weg nach Jerusalem, wo Jesus wenige Tage später sterben wird, macht er noch einmal Station im Haus von Freunden in Betanien. Er ist Gast bei einem gemeinsamen Mahl. Da öffnet sich die Tür, Maria kommt herein und salbt Jesu Füße. Das ist eine außergewöhnliche Geste, die zugleich ganz liebevoll und Ausdruck tiefe Verehrung. Kostbar ist das duftende Öl mit dem Maria Jesu Füße salbt, 300 Denare, ca. 500 Euro wären es heute wert. Was für eine Verschwendung, werfen sie Maria vor. Das kostbare Duftöl hätte verkauft und das Geld doch besser verwandt können.

Kostbar ist der Impfstoff, mit dem gegenwärtig bei uns Menschen immunisiert werden. Noch muss man Geduld haben, bis ausreichend nachproduziert wird, Monat für Monat. Darum wird nach Bedürftigkeit geimpft, die Verletzlichsten zu erst, Menschen in Pflegeheimen, Menschen über 80 Jahren, solche mit Vorerkrankungen und andere.

In den letzten Wochen habe ich jemanden in einem Pflegeheim besucht, einen ältereren Herr, der einige Jahre schon nur noch liegt. Jetzt spricht er auch nicht mehr. Besuche nimmt er nach einer Weile wahr. Berührungen, Lieder und Gebete – da öffnet er die Augen und hört und spürt dem nach.
Er ist geimpft worden und ich habe mich gefreut. Wie gut, daß er geschützt ist, wie gut in einem Land zu leben, wo das so geschieht. Er ist in der ersten Kategorie der zu Impfenden, bei denen, die besonders verletzlich sind.

Am Abend lese ich noch online Zeitung. Es geht ums Impfen, um die Kategorien und wer geimpft werden soll. Ich gerate in eine anschließende Leserdiskussion. Und ich lese: es ist doch Verschwendung, den kostbaren Impfstoff an Menschen zu verimpfen, die vielleicht gar nicht mehr viel mitbekommen, die sowieso schon so alt sind, daß sie vielleicht nur noch 1-2 Monate oder Jahre leben. Geimpft werden sollten doch die, die auch etwas davon haben, weil sie etwas vom Leben haben können, reisen, arbeiten, Freunde besuchen.

Es ist nicht nur eine Meinung in dieser Richtung. Es handelt sich um einen Chat in einer ehrenwerten Zeitung. Ich bin sprachlos.

Was bekümmert ihr sie, sagt Jesus, Maria hat ein gutes Werk an mir getan. Sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zum Begräbnis.

Er hat erlebt, wie ein Mensch sein Schicksal seine Gedanken geteilt hat. Wie sie ihm eine Geste großer Liebe schenkt, wie sie ihn gestärkt hat. Wäre das denn noch nötig gewesen? Wo er doch sowieso sterben wird?

Wie bewerten wir das Leben? Über Profit und Spaß? Über den „Nutzen“ Ist es überhaupt „bewertbar“?

Unser Grundgesetzt sagt, nein. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Für mich ein Satz im Geist Jesu. Darüber bin ich froh, wie darüber, daß deshalb Menschen geimpft werden, einfach weil sie es brauchen. Das macht das Warten leichter.

Ich wünsche Ihnen auch im Namen von Pfarrerin Gudrun Schlottmann und Pfarre Rheineck einen

Gesegneten Sonntag

Ihre Jutta Richter-Schröder

 
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